Lernumgebungen

Mit den Kapiteln 3 bis 8 haben Sie Ansätze kennengelernt, die Fragen der formalen, semantischen und konkreten Ebene des Vier-Ebenen-Ansatzes nach Hußmann & Prediger (2016) zu beantworten. Mit der deskriptiven Perspektive auf Grundvorstellungen kennen Sie auch schon erste Grundlagen, Fragen der empirischen Ebene zu untersuchen. Ziel bei all den Fragen war immer, Lernpfade für Lerngegenstände zu generieren, also den Stoff derart auszuwählen (spezifizieren) und anzuordnen (strukturieren), dass er sinnstiftend gelehrt und gelernt werden kann. Nach einer solchen stoffdidaktischen Analyse ist nun der nächste Schritt die Planung der Unterrichtsgestaltung an sich.

In der fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Literatur hat sich hierfür der Begriff der Lernumgebung durchgesetzt – dabei aber auch mit verschiedenen Sichtweisen wie eine »pädagogische« (z. B. angenehme Lernatmosphäre, respektvolles Miteinander), als ein »methodisch-organisatorisches Arrangement« (z. B. Gestaltung des Klassenraums) oder eben auch als »inhaltliches Verständnis«, das hier weiter verfolgt werden soll (vgl. Krauthausen, 2018, S. 255).

Nach Leuders (2015, S. 448) beinhalten Lernumgebungen für den Mathematikunterricht »i) ein nach bestimmten Prinzipien geordnetes System von Aufgaben, ii) methodische Organisationsformen und iii) Stützsysteme, wie z. B. Medien, Lehrerinterventionen und Kommunikationsformen.«

Die Grundlagen für die entsprechenden Bestandteile lernten und lernen Sie v. a. in den weiteren Veranstaltungen der Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften sowie in Ihrer schulpraktischen Ausbildung (und auch noch während Ihrer Tätigkeit als voll ausgebildete Lehrkraft). Aufgrund der inhaltlichen Nähe zur Stoffdidaktik-Veranstaltung sollen hier noch zwei Schwerpunkte herausgegriffen werden:

  • Von den Medien (zu denen ja beispielsweise auch die Tafel, Computer oder Zettel und Stift gehören – der entsprechende Medienbegriff sollte Ihnen aus den Bildungswissenschaften bekannt sein) werden im Speziellen Arbeitsmittel14 herausgegriffen. Diese »repräsentieren mathematische Objekte und erlauben zudem Handlungen oder Operationen mit diesen Objekten« (Schmidt-Thieme & Weigand, 2015, S. 461 f.) Im Sinne der Tätigkeitstheorie dienen sie damit als Mittler zwischen Lerngegenstand und Schülerin bzw. Schüler. Im Schulalltag wird es in der Regel Ihre Aufgabe sein, derartige Arbeitsmittel zu analysieren, um sie zielgerichtet auszuwählen und im Unterricht einzusetzen. Das Herstellen entsprechender Arbeitsmittel bleibt meist die Aufgabe der fachdidaktischen Forschung und Entwicklung. Vorschläge, um Arbeitsmittel zu analysieren, finden Sie in Kapitel 9.

  • Eng verbunden mit dem Einsatz von Arbeitsmitteln sind Aufgaben, die Sie den Schülerinnen und Schülern stellen. Aufgaben können dabei »als Aufforderung an Lernende zum mathematischen Handeln aufgefasst« werden (Leuders, 2015, S. 435). Neben der Auswahl von Aufgaben werden Sie als Lehrkraft aber insbesondere Aufgaben gestalten, also selbst welche entwickeln und vorhandene Aufgaben variieren und an Ihre Lerngruppe anpassen. Maßnahmen, um Aufgaben zu gestalten, sind in Kapitel 10 dargestellt.

References

Hußmann, S., & Prediger, S. (2016). Specifying and Structuring Mathematical Topics: A Four-Level Approach for Combining Formal, Semantic, Concrete, and Empirical Levels Exemplified for Exponential Growth. Journal für Mathematik-Didaktik, 37(S1), 33–67. https://doi.org/10.1007/s13138-016-0102-8
Krauthausen, G. (2018). Einführung in die Mathematikdidaktik (F. Padberg & A. Büchter, Hrsg.; Mathematik Primarstufe und Sekundarstufe I + II). Springer Spektrum. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54692-5
Leuders, T. (2015). Aufgaben in Forschung und Praxis. In R. Bruder, L. Hefendehl-Hebeker, B. Schmidt-Thieme, & H.-G. Weigand (Hrsg.), Handbuch der Mathematikdidaktik (S. 435–460). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-35119-8
Schmidt-Thieme, B., & Weigand, H.-G. (2015). Medien. In R. Bruder, L. Hefendehl-Hebeker, B. Schmidt-Thieme, & H.-G. Weigand (Hrsg.), Handbuch der Mathematikdidaktik (S. 461–490). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-35119-8_17
Wikipedia contributors. (2021). Manipulative (mathematics education) — Wikipedia, The Free Encyclopedia. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Manipulative_(mathematics_education)&oldid=1023437370

  1. In der englischsprachigen Literatur werden Arbeitsmittel oft als manipulatives bezeichnet. Dies soll nicht ausdrücken, dass diese Arbeitsmittel in irgendeiner Weise manipulierend auf die Schülerin oder den Schüler wirken, sondern dass die Schülerinnen und Schüler selbst das Arbeitsmittel verändern bzw. mit dessen Hilfe auf den Lerngegenstand einwirken (siehe auch Wikipedia contributors, 2021).↩︎